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Die kuriosen Seiten der Brexit-Schlacht

«Brexit ist eine Monstrosität»: Brexit-Gegner mit einem Monsterwesen, bestehend aus den Köpfen von Premierministerin Theresa May sowie drei prominenten Brexit-Befürwortern: Boris Johnson, Michael Gove und David Davis (von rechts nach links).
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Das House of Commons gehört zu den Parlamenten mit Unterhaltungswert. Im britischen Unterhaus liefern sich die Abgeordneten hitzige Debatten und witzige Wortgefechte. Manchmal brüllen sie sich regelrecht an, sie stören einander mit Zwischenrufen und überbieten sich mit sarkastischen Bemerkungen.

Die Brexit-Debatte am Dienstagabend ist noch emotionaler als sonst verlaufen. Sie dauerte Stunden, hatte bereits am frühen Nachmittag begonnen. Viele Politiker sprachen lange. Einem Abgeordneten genügten 18 Sekunden für seinen Debattenbeitrag.

«Weil der Brexit Brexit bedeuten sollte und weil kein Deal besser wäre als dieser schlechte Deal, werde ich Nein, Nein und Nein stimmen», sagte der Tory Julian Lewis. Die kürzeste Rede der Brexit-Debatte war eine Anspielung auf die berühmte «No, no, no»-Rede von Margaret Thatcher Ende 1990. Die Premierministerin widersprach mit ihrem dreifachen Nein der Forderung des damaligen EU-Kommissionspräsidenten Jacques Delors nach einem engeren Zusammenschluss in der EU.

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«No, no, no»: Margaret Thatcher in einer Rede im Unterhaus im Dezember 1990. Quelle: Youtube/Kayee

Eine kuriose Episode lieferte die Labour-Abgeordnete Tulip Siddiq. Die Brexit-Gegnerin, die sich für ein zweites Referendum einsetzt, hätte am Dienstag ihren Sohn per Kaiserschnitt zur Welt bringen sollen. Weil sie aber unbedingt bei der Brexit-Abstimmung im Unterhaus dabei sein wollte, verschob die 36-jährige Abgeordnete die Geburt ihres Sohnes. «Das ist die wichtigste Abstimmung in meinem Leben als Politikerin», sagte sie der BBC. Nachträglich stimmten ihre Ärzte der Verschiebung des chirurgischen Eingriffs zu.

Die Labour-Politikerin ist auf einen Rollstuhl angewiesen, sie wurde von ihrem Mann ins Plenum gerollt. Siddiq, Nichte der bangladeshischen Regierungschefin Sheikh Hasina, soll ihr Kind morgen Donnerstag zur Welt bringen.

«Mays Brexit ist so tot wie ein Dodo»

Nach der überwältigenden Ablehnung des Brexit-Vertrags haben sich Grossbritanniens Zeitungen von ihrer berühmt-berüchtigten kreativ-bösen Seite gezeigt. «Historische Niederlage» und «komplette Demütigung» von Premierministerin Theresa May gehörten am Mittwoch noch zu den harmloseren Überschriften auf den Titelseiten. Die «Daily Mail» zeigte ein Foto Mays mit der Überschrift «Um ihr Leben kämpfend». Der «Daily Express» benützte ein einfaches Wortspiel: «Dismay» (Bestürzung).

Video – Britisches Unterhaus lehnt Brexit-Deal ab

Zynisch kommentierte das auflagenstarke Boulevardblatt «The Sun» die deutliche Unterhaus-Niederlage der Regierungschefin. Unter der Zeile «Brextinct», eine Wortschöpfung aus Brexit und «extinct» (ausgestorben), war eine Collage mit dem Kopf der Premierministerin auf dem Körper eines vor mehr als 300 Jahren ausgestorbenen Dodo-Vogels zu sehen: «Mays Brexit ist so tot wie ein Dodo.»

Auch «Times»-Kolumnist Matthew Parris äusserte sich mit scharfen Worten zum Brexit-Fiasko: «Das Parlament muss die Kontrolle von einer Zombie-Premierministerin übernehmen, von einem Zombie-Kabinett und einer Zombie-Opposition.»

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Ab­sturz­ge­fähr­det: Eine Karikatur auf der Titelseite des «Independent» von Theresa May, wie sie auf einem Reisecar liegt, der gleich in den Abgrund rutscht. (16. Januar 2019)
Die britische Presse geht mit May schonungslos ins Gericht: Theresa May wird von der «Sun» als Dodo dargestellt. (16. Januar 2019)
Ab­sturz­ge­fähr­det: Eine Karikatur auf der Titelseite des «Independent» von Theresa May, wie sie auf einem Reisecar liegt, der gleich in den Abgrund rutscht. (16. Januar 2019)

Einfallsreich waren auch die Demonstranten, die sich vor dem Parlamentsgebäude für und gegen den Brexit starkmachten. Beispielsweise fuhren Brexit-Gegner mit einem vierköpfigen Monster auf. Das unheimliche Wesen bestand aus den Köpfen von Premierministerin May sowie drei prominenten Brexit-Befürwortern: Boris Johnson, Michael Gove und David Davis. Die Losung dazu lautete: «Brexit ist eine Monstrosität.»

Eine weitere Inszenierung von Brexit-Gegnern zeigte eine Theresa-May-Figur auf einem Schiff, das auf einen Eisberg zusteuert – eine Anspielung auf das Titanic-Drama.

Direkte Fahrt ins Verderben: Premierministerin Theresa May auf einem Schiff, angelehnt an das Titanic-Drama. Foto: Reuters

Die Angst vor einem chaotischen Brexit haben einige Unternehmer als Geschäftschance erkannt. So zum Beispiel James Blake aus Leeds, Chef der Firma Emergency Food Storage UK. Blake verkauft so genannte Brexit-Boxen mit Nahrungsmittelvorräten. Eine Box beinhaltet 60 Portionen Hauptmahlzeiten plus 48 Portionen Fleisch. Zu den Menüs gehören Pasta Bolognese, Süsssauer-Poulet oder Gemüsereis.

Seit er die Box im Dezember lancierte, hat Blake über 600 Stück verkauft. Eine Brexit-Box kostet fast 300 Pfund, also rund 382 Franken. Ein Regierungssprecher sagte der BBC, dass es keinen Grund gebe, die Dinge in der Box auf Vorrat zu haben.

Gute Geschäfte machen auch die britischen Wettbüros. In Grossbritannien kann auf alles Mögliche gewettet werden, und das wird tatsächlich getan. Die Einnahmen bewegen sich in Millionenhöhe. Bei aktuellen Wetten geht es etwa um den Brexit-Zeitplan. Die Buchmacher halten einen baldigen Brexit für eher unwahrscheinlich. Bei rund 20 Prozent liegt die Wahrscheinlichkeit, dass Grossbritannien Ende März, also planmässig, tatsächlich aus der EU tritt. Das Brexit-Drama zieht sich in die Länge.