Unterwegs durch die SchweizDer Umweg ist das Ziel
Luzern – St. Gallen? Schafft man in zwei Stunden. Die Strecke lässt sich aber auch als abwechslungsreicher Ganztagesausflug gestalten: mit dem Voralpen-Express als Privatchauffeur auf Schienen.

Luzern und St. Gallen? Sind beide eine Reise wert. Wer sich nicht entscheiden kann, sollte stattdessen vielleicht die Strecke zwischen den zwei Städten wählen, die vom Voralpen-Express befahren wird – und geradezu gespickt ist mit Sehenswürdigkeiten.
Los gehts in Luzern auf Gleis 2, wo der kupferfarbene Traverso wartet und fast den Eindruck vermittelt, als würde er sich auf die vor ihm liegenden 125 Kilometer freuen. Kein Wunder, zumal die Strecke im Herbst besonders farbenfroh ist. Eines haben die Passagiere ihrem Gefährt allerdings voraus: Da jede Stunde ein Zug fährt, kann man unterwegs auch gut mal einen Zwischenstopp einlegen.
Die Verbindung quer durch die Voralpen besteht schon seit 1946. Wobei man im Jahr 2022 definitiv bequemer reist als anno dazumal: Der Traverso bietet breite, komfortable Sitze, auf denen man es sich gemütlich machen und den Blick durch die grossen Fenster geniessen kann.
Ein bisschen Swissminiatur-Feeling
Einmal raus aus Luzern, führt die Strecke den Vierwaldstättersee entlang. Rigi, Bürgenstock, Pilatus hat man mindestens so gut im Blick wie von den schnittigen Motorbooten aus, die das Wasser durchpflügen. Fast kommt dabei ein bisschen Swissminiatur-Feeling auf.
Vorbei an Küssnacht – und schon ist man in Arth-Goldau. Hier wird man bereits zu einem ersten Zwischenhalt verführt, liegt doch die Rigi zum Greifen nah. Keine 40 Minuten braucht die Rigi-Bahn auf den Kulm hinauf, wo einem der ganze Vierwaldstättersee, das Mittelland bis zum Schwarzwald und die Schweizer Alpen zu Füssen liegen. Glücklich, wer diese Aussicht über dem Nebel betrachten kann.
Und was erwartet einen zurück im Traverso? Über Steinerberg gehts nach Rothenthurm, wo sich eine ganz andere Landschaft eröffnet: Auf der Hochmoor-Ebene mit den verfärbten Feldern, den Birken, Fichten und Bergföhren fühlt man sich wie im Norden.
Bei Schindellegi eröffnet sich ein wunderbares Panorama über den Zürichsee samt dem Inselpärchen Ufenau und Lützelau.
Und wieder lockt ein kleiner Umweg. Von Biberbrugg aus ist es nur ein Katzensprung bis zum wichtigsten Pilgerort der Schweiz: Einsiedeln. Bald steht man vor dem monumentalen Kloster und taucht in die üppige Welt des Barock ein, mitsamt der Gnadenkapelle und der berühmten Schwarzen Madonna.
Was zu sehen gibts freilich auch bei Schindellegi, wo der Traverso die zuvor erklommenen Höhenmeter wieder hinunterfährt – und den Passagieren ein wunderbares Panorama über den Zürichsee samt dem Inselpärchen Ufenau und Lützelau bietet.
Rapperswil – fast schon mediterran
Über den Seedamm erreicht man Rapperswil. Geradezu mediterran wirkt das pittoreske Städtchen mit seinen Restaurants am Hafen; darüber thront das prächtige Schloss mit den Rosengärten. Sind sie verblüht, locken freilich auch die Gassen mit den historischen Häusern zu einem gemütlichen Bummel.

Dann gehts den Obersee entlang und durch den Ricken, mit 8,6 Kilometern der längste Tunnel auf dieser Strecke; am anderen Ende wartet das schöne, grün-hügelige Toggenburg. Wer bei Wattwil den Blick zurück wirft, bekommt in der Ferne die Churfirsten zu sehen.
Beim Städtchen Lichtensteig verschwindet der Voralpen-Express in den nächsten Tunnel unter der Wasserfluh. Danach gondelt man durch die Landschaft mit ihren typischen Streusiedlungen und erreicht schon bald Herisau. Von hier aus fährt man über die höchste Eisenbahnbrücke der Schweiz, den Sitterviadukt, in St. Gallen ein. In der Gallusstadt erwartet die Besuchenden die hübsche Altstadt mit dem Stiftsbezirk, der zum Unesco-Weltkulturerbe zählt. Und wenns regnet? Ab in eines der vielen Museen!

Eine Zusammenarbeit von SonntagsZeitung und SOB.
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