Den Lärm neu definieren
In Zürich soll es vorerst keine zusätzlichen Landungen ab 21 Uhr oder zusätzliche Starts ab 22.20 Uhr geben. Damit will der Bund verhindern, dass der Lärm in der Nacht zusätzlich ansteigt.

Werktags ab 21 Uhr landen die Flugzeuge in Kloten auf der Piste 28; Ostanflugregime. Und damit einmal gelandete Maschinen die Landebahn schneller verlassen können, wurden neuen Schnellabrollwege gebaut. Diese werden in absehbarer Zeit in Betrieb genommen. Das hätte eigentlich eine Kapazitätssteigerung bringen sollen. Jetzt aber sagt das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl): Vorerst sollen die neuen Rollwege «nur» der pünktlicheren Abwicklung der bisherigen Anzahl Landungen dienen.
Wie es in einer Medienmitteilung heisst, wird die Anzahl Slots für Landungen ab 21 Uhr einerseits, und für Starts ab 22.20 Uhr andererseits, auf den heutigen Stand begrenzt. Bei einem Slot handelt es sich um ein Zeitfenster, innerhalb dem eine Airline eine bestimmte Anzahl an Landungen und/oder Starts einplanen darf. Über diesen Hebel ist also ein Einfluss auf die Flugpläne der Airlines und damit auch auf die Lärmbelastung möglich.
Erhebliche Überschreitungen
Der Grund für die neue Bazl-Restriktion sind Lärmmessungen von 2016. Ein entsprechender Bericht hat gezeigt: Die zulässige Lärmbelastung wurde zwar tagsüber eingehalten, doch in der ersten und der zweiten Nachtstunde (von 22 bis 24 Uhr) hat man teilweise erhebliche Überschreitungen registriert. In Bern ist das Ziel der neuen Massnahme deshalb klar: Nicht noch mehr Verspätungen und dadurch nicht noch mehr Lärmbelastung nach 22 Uhr.
Aus Sicht der Flughafen Zürich AG wäre dieses Ziel anders zu erreichen: «Im Bericht Lärmcontrolling haben wir Massnahmen festgehalten, um den Flugbetrieb pünktlicher zu gestalten», sagt Flughafen-Mediensprecherin Sonja Zöchling. Nebst den Schnellabrollwegen nennt sie weitere Beispiele. So sollen Besatzungen beim Operation Center eine zusätzliche Sicherheitskontrollstelle erhalten, um schneller beim Flugzeug zu sein, die Minimumhöhe beim Start von vierstrahligen Fliegern ab Piste 32 soll abgesenkt werden – und man beantragte die Erhöhung der Lärmgebühren für Starts nach 23 Uhr.
Der vom Bazl nun gefällte Plafond-Entscheid habe zwar keine unmittelbaren Folgen, da ja der Status Quo zementiert wird. «Wir bedauern aber, dass mit der Plafonierung der Slots die weitere Entwicklung am Flughafen Zürich beschnitten wird», sagt Zöchling. «Dies gerade im Bereich der letzten Abflugwelle, die für Interkontinentalverbindungen und den Hub-Betrieb am Flughafen Zürich von grosser Bedeutung ist.»
Die Sprecherin verweist darauf, dass sowohl im Sachplan Infrastruktur Luftfahrt (SIL), als auch im luftfahrtpolitischen Bericht des Bundes festgehalten sei, dass sich der Flughafen Zürich künftig «moderat entwickeln soll». Moderat bedeutet in konkreten Zahlen: Von aktuell 66 auf neu 70 Bewegungen pro Stunde.
Neue Berechnungen verlangt
Das sieht man beim Bazl nicht anders. So heisst es in der Mitteilung von gestern weiter: «Um dem Flughafen Zürich jedoch die im SIL und luftfahrtpolitischen Bericht vorgesehene Entwicklung zu ermöglichen, will das Bazl eine Neufestlegung der zulässigen Lärmbelastung in der Nacht prüfen.» Zu diesem Zweck werde vom Flughafen nun eine neue Fluglärmberechnung verlangt. «Die dem heute gültigen genehmigten Lärm zugrunde liegende Prognose stammt aus dem Jahr 2003 und betrifft das Jahr 2010», sagt Zöchling dazu. «Die neuen Fluglärmberechnungen sollen auf 2030 ausgerichtet werden und wären damit wesentlich aktueller.»
Eine solche «Neuauflage des genehmigten Lärms» müsse den Betrieb realistisch wiederspiegeln und eine moderate Entwicklung ermöglichen, heisst es bei der Fluggesellschaft Swiss dazu. Auch dort verweist man auf die «stark eingeschränkte Infrastruktur» in Zürich. «Im europäischen Vergleich herrscht eine strenge Nachtflugsperre, wobei die Zeit von 23 bis 23.30 Uhr nur für Verspätungsabbau verwendet werden darf», sagt Mediensprecherin Karin Müller.
Abflüge nach 23 Uhr sicherten der Swiss eben auch bei Verspätungen der Zubringerflüge die Konnektivität der spätabendlichen Langstrecke. «Massnahmen, die den Verspätungsabbau zur Disposition stellen, hätten zur Konsequenz, dass einzelne Verbindungen aufgrund mangelhafter Profitabilität gestrichen werden müssten – und das hätte das auch die Streichung von Zubringerflüge zur Folge», sagt Müller. Entsprechend will die Swiss den Abendplafond «höchstens als temporäre Massnahme» verstanden wissen.
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