Demokraten hoffen auf eine Steilvorlage von Robert Mueller
Der Sonderermittler der Russlandaffäre muss vor dem Kongress aussagen. Das wollen die Herausforderer von Donald Trump ausnutzen. Vier Fragen und Antworten dazu.

Mit der ersten Fernsehdebatte der möglichen Gegner von Donald Trump hat auch für die Demokraten der Präsidentschaftswahlkampf 2020 offiziell begonnen. Dabei dürfte der kürzlich angekündigte Auftritt von Robert S. Mueller III vor dem US-Kongress ein Höhepunkt in der frühen Phase der Kampagne werden. Der Sonderermittler in der Russlandaffäre wird am 17. Juli aussagen müssen, die Anhörung wird öffentlich und damit zu einem Medienereignis.
Genau das wollte der Sonderermittler vermeiden. «Der Report ist meine Aussage», betonte Mueller bei seinem überraschenden Auftritt Ende Mai, als er sein Mandat niederlegte. Er könne seinen Aussagen vor dem Kongress nichts hinzufügen. Nun aber haben die demokratischen Vorsitzenden des Geheimdienst- und des Justizausschusses im Repräsentantenhaus, Adam Schiff und Jerry Nadler, den Sonderermittler vorgeladen. Damit stellen sich bereits heute mehrere Fragen zu Muellers angekündigtem Auftritt.
1. Erwarten die Demokraten zu viel vom Mueller-Hearing?
Diese Gefahr besteht. Den Demokraten wie auch den Republikanern zugeneigte Fernsehkanäle werden umfassend berichten. Bereits im Vorfeld wird spekuliert werden, was Mueller sagen könnte, entsprechend steigen die Erwartungen. Wenn er nun aber trotz des erwarteten Hypes nichts wirklich Neues bringt, wäre sein Auftritt ein Reinfall für die Demokraten und ein Triumph für Donald Trump und seine Republikaner.
Ausserdem müssen die Demokraten den Eindruck vermeiden, dass es ihnen nur um den Präsidenten und nicht um die eigentliche Wahrheitsfindung geht. Auf die Vorladung Muellers hat Trump bereits entsprechend reagiert. «Belästigung des Präsidenten», hat er umgehend getwittert. Brian Schatz, demokratischer Senator aus Hawaii, erinnerte seine Partei denn auch daran, dass Trump an der Urne besiegt werden müsse: «Robert Mueller wird uns nicht retten.»
2. Wird Mueller etwas sagen, das er noch nicht gesagt hat?
Kaum. Er hat betont, er könne keine Informationen geben, die über das hinausgehen, was im Report stehe. Auch wenn er jetzt vor dem Kongress aussagen muss – Robert Mueller ist ein alter Profi, der weiss, wie man redet, ohne viel zu sagen. Der 74-Jährige hat mehr als 50-mal vor dem Kongress Zeugnis abgelegt. Unter anderem musste er als FBI-Direktor nach den Anschlägen vom 11. September 2001 kritische Fragen beantworten.
Es wäre daher erstaunlich, wenn er über den zentralen Satz seiner Medienkonferenz vom 29. Mai hinausgehen würde, als er sagte: «Wenn wir das Vertrauen gehabt hätten, dass der Präsident eindeutig kein Verbrechen begangen hat, hätten wir das gesagt.» Allerdings: Selbst wenn Mueller nur aus seinem Bericht vorliest, könnte das grosse Auswirkungen haben. Denn die meisten Amerikaner und wohl auch etliche Parlamentarier haben den Report kaum ganz gelesen, wenn überhaupt.
Video: Robert Mueller äussert sich öffentlich zu seinem Report
3. Können Trumps Republikaner Muellers Glaubwürdigkeit beschädigen?
Sie werden es zumindest versuchen, wie sie das bereits während der zweijährigen Untersuchung regelmässig getan haben. Führende Republikaner haben auf ihrem Haussender Fox News angekündigt, dass sie den Sonderermittler ins Kreuzverhör nehmen werden. Mueller hat es bisher vermieden, sich auf Provokationen einzulassen, was Trump und den Seinen ermöglichte, die Integrität des Vietnam-Veteranen öffentlich anzuzweifeln. Deshalb ist nicht ausgeschlossen, dass sich der einstige Offizier des Marine Corps verteidigen wird, wenn es um seine Person geht.
Lindsey Graham hingegen, Senator aus South Carolina und Trump-Freund, hält die Anhörung Muellers grundsätzlich für überflüssig. «Für mich ist der Fall abgeschlossen.» Als Vorsitzender des Justizausschusses im Senat hat der Republikaner eine weitere Anhörung in der kleinen Kammer des Kongresses ausgeschlossen. «Die Demokraten können im Repräsentantenhaus machen, was sie wollen, aber die Sache wird ihnen noch um die Ohren fliegen.»
4. Wird ein Amtsenthebungsverfahren wahrscheinlicher?
Fast 80 demokratische Abgeordnete im Repräsentantenhaus seien heute dafür, ein sogenanntes Impeachment zu eröffnen, schreibt die «Washington Post». Nach Muellers Medienkonferenz im Mai schlossen sich mehrere Präsidentschaftsbewerberinnen und -bewerber dieser Forderung an. Das könnte wieder passieren nach der Anhörung in drei Wochen, obwohl Nancy Pelosi, die Vorsitzende der grossen Kammer, immer wieder eindringlich davor warnt. Die Grande Dame der Demokraten hat beim Impeachment gegen Bill Clinton miterlebt, dass der Angeklagte plötzlich davon profitierte. Denn die Öffentlichkeit kann ihre Meinung rasch wechseln.
Pelosi dürfte deshalb erleichtert zur Kenntnis genommen haben, dass bei der ersten Demokraten-Debatte in Miami die Russland-Affäre und ein mögliches Impeachment nur am Rande und sehr spät ein Thema waren. Das kann sich aber in der Nacht auf Freitag wieder ändern, wenn die zweite Kandidatenrunde zur Debatte antritt. Joe Biden, der die Umfragen anführt, glaubt, dass ein Amtsenthebungsverfahren «sehr bald beginnen könnte», und der selbst erklärte Sozialist Bernie Sanders hat bereits dazu aufgerufen. Robert Muellers Auftritt vor dem Kongress könnte ihnen Auftrieb geben, wobei nebensächlich ist, was bei der Anhörung exakt herauskommt.
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