Ausflugstipp LiechtensteinDas «Ländle» – eine einzige Schatzkammer
Vielfalt auf kleinstem Raum: Liechtenstein bietet Kunstfreunden, Wanderern und Naturfreaks jede Menge Kostbarkeiten und Erlebnisse.

Die Sonne lässt den nackten Frauenkörper glänzen – ein Werk des Kolumbianers Fernando Botero und Teil einer Reihe von Skulpturen namhafter Künstler, die das Vaduzer «Städtle» schmücken.
Nicht alle Trouvaillen des kleinen Landes sind so augenscheinlich. Unweit der Frauenfigur eilt ein schwarz gekleideter Mann mit Fliege und langem, weissem Haar zum Engländerbau. Er wurde vor hundert Jahren errichtet, damit die Briten hier Lotterie spielen konnten, damals verboten auf der Insel. Später zog das Postmuseum ein, und seit sechs Jahren gehört das Erdgeschoss zum Reich von Prof. Dr. Rainer Vollkommer.
Er holt eine goldene Münze aus der Sakkotasche und steckt sie in den Schlitz eines Kästchens. Eine Schleuse öffnet sich, dann die Tür zur Schatzkammer. Ein handgemaltes Osterei von Fürstin Marie, die als ausgebildete Grafikerin künstlerisches Talent beweist, fügt sich nahtlos in «die wahrscheinlich wertvollste Sammlung russischer Ostereier aus der Zeit um 1900 und die bedeutendste Auslese von Fabergé-Eiern ausserhalb Russlands», wie Vollkommer sagt.
Die wertvollen Schmuckeier wurden zwischen 1885 und 1917 von Goldschmied und Juwelier Peter Carl Fabergé in St. Petersburg für den Zaren handgefertigt. Das Apfelblütenei mit seltenen rosa Diamanten macht Vollkommer besonders stolz. Es ist das grösste Fabergé-Ei und das einzige mit asiatischem Motiv.
Landesflagge flog zum Mond
Eine andere Kostbarkeit sind Mitbringsel aus dem All. Nirgendwo sonst in Europa findet man vereint Gesteinsproben von den beiden Mondmissionen Apollo 11 und 17. Die Liechtensteiner Landesflagge flog mit zum Erdsatelliten, weil die Technik der Vakuumspezialisten der Balzers AG für den Mondflug unentbehrlich war.

Vollkommer ist ein Kenner der «Ländle»-Geschichte und ihrer Helden. Die Direktorenstelle des Landesmuseums scheint massgeschneidert für ihn. Der Sechzigjährige studierte Archäologie, Geschichte und Kunstgeschichte, arbeitete für die Unesco und für Museen in Leipzig und Dresden. Die von ihm etablierte Schatzkammer wurde jüngst als «European Museum of the Year» nominiert.
Karl ist das egal. Für ihn zählt die Natur. Gelassen beisst er in den Heuhaufen und schielt neugierig herüber. «Lamas sind völlig entspannte Tiere», erzählt Marc Schädler. «Wenn wir mit aktiven Kindern unterwegs sind, werden sie noch ruhiger. Das überträgt sich.» Was für den Bauern vor zehn Jahren als Hobby begann, ist heute Haupttätigkeit.

Mit Partnerin Anna-Lena unterhält er den Lama- und Alpakahof im Walserdorf Triesenberg. Hauptattraktion sind Wanderungen mit den Tieren, von kurzen Spaziergängen bis zu Mehrtagestouren. Auch Fotoshootings mit den Lamas lägen im Trend, erzählt Schädler.
Sehr glücklich sei er, dass der Liechtenstein-Weg seinen Hof passiere. Von Balzers aus ist er in einer Tagesetappe zu erreichen. Wanderer decken sich gerne im Hofladen mit Spezialitäten ein, wo es neben Lamawurst und Kissen mit Lamawolle auch Köstlichkeiten von Bauern aus der Region gibt. Eine Übernachtung im Tipi hinterm Tiergehege mit Grillplatz ergattert nur, wer frühzeitig bucht.
Ein Weg und elf Gemeinden
Der 2019 neu lancierte Liechtenstein-Weg schlängelt sich über 75 Kilometer in Nord-Süd-Richtung durch das gerade mal 25 Kilometer lange Land. Er führt durch alle elf Gemeinden und fädelt wie eine Perlenkette historische und kulturelle Schätze auf. Den Spuren von Geschichte, Kultur und Natur folgend sind unterwegs 147 Stationen zu erwandern.

Der Clou ist die dazugehörige App Listory, die per GPS-Signal multimediale Inhalte auf dem Smartphone freigibt, sobald sich der Passant einem der Wegpunkte nähert. Bilder zeigen dann etwa, wie es in Mauren bei der Rheinüberschwemmung 1927 aussah, Audiodateien machen Geschichten hörbar. Die digitalen Inhalte lassen sich auch später noch abrufen.

Der 75 Kilometer lange Liechtenstein-Weg ist gut ausgeschildert.
Die Realität nimmt die Sinne unterwegs ohnehin gefangen mit mystischen Lichtstimmungen und Landschaften, Düften und Farben. Wenn sich zum Beispiel im Juni ein purpurner Teppich über das Ruggeller Riet legt, weil dann die sibirischen Schwertlilien blühen, ist das ein Anblick wie aus dem Märchenbuch.
Um Märchen, Sagen und Symbole geht es aktuell auch dort, wo sich der Liechtenstein-Weg mit einer der wichtigsten Handelsstrassen des Altertums trifft – im Städtle von Vaduz. «Folge den Brotkrumen» heisst es im Landesmuseum, wo Rainer Vollkommer fast 300 Exponate für eine Sonderausstellung zusammengetragen hat. Sie lädt zu einer fantastischen Weltreise ein, die von der Erzählkultur der Steinzeit bis zu 1001 Nacht führt.
In Zusammenarbeit von SonntagsZeitung und Liechtenstein Tourismus.
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