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Meinung

Analyse zu Grossbritannien
Das doppelte Chaos passt Boris Johnson ins Kalkül

Hier gehts lang: Premier Boris Johnson bei seinem letzten Besuch bei EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.  
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Jetzt tritt das Worst-Case-Szenario ein, der schlimmste vorstellbare Fall. Chaos nicht nur wegen des ungeregelten Brexit, sondern auch wegen des mutierten Coronavirus. Die Briten bekommen einen Vorgeschmack auf das, was droht, wenn ihr Land Ende Jahr nach dem EU-Austritt auch den Binnenmarkt und die Zollunion verlässt. Nämlich ein Reise- und Transportchaos auf beiden Seiten des Ärmelkanals.

Wenige Tage vor dem Ende der Übergangsfrist beim Brexit bleibt unklar, wie Grossbritannien und die EU ihre künftigen Wirtschaftsbeziehungen regeln könnten. Ein Streitpunkt sind noch immer die künftigen Fangrechte von EU-Fischern in britischen Gewässern. Ein anderer die Forderung der EU, dass sich der Konkurrent vor der Haustür im Gegenzug zu freiem Zugang zum Binnenmarkt auf faire Wettbewerbsregeln verpflichtet.

Alle Fristen, um einen Deal noch ordnungsgemäss unter Dach zu bekommen, sind verstrichen. Selbst wenn in den nächsten Tagen noch eine Einigung gelingt, werden weder das britische Unterhaus noch das EU-Parlament die nötige Zeit haben, das umfangreiche Vertragswerk zu prüfen. Grossbritannien und die EU-Staaten erwägen gar, ein allfälliges Abkommen mit Blick auf die knappe Zeit vor einer Ratifizierung schon einmal provisorisch in Kraft zu setzen.

Übergangsfrist verlängern!

Das wäre dann das Gegenteil von demokratischer Kontrolle, angeblich treibende Motivation für die Brexiteers. Dabei gäbe es einen vergleichsweise einfachen Ausweg. Boris Johnson müsste nur eine Verlängerung der Übergangsfrist beantragen, die Ende Jahr ausläuft. Das wäre vernünftig und nachvollziehbar.

Denn den Fokus müsste er jetzt nicht auf Fischfangquoten, sondern auf den Kampf gegen die Corona-Pandemie setzen. Doch der Brexit, ein Projekt der Selbstbeschädigung Grossbritanniens und ganz Europas, war noch nie vernunftgetrieben.

Aber möglicherweise kommt Boris Johnson das doppelte Chaos in seinem zynischen Kalkül ganz gelegen. Der britische Premier kann die Schuld an den wirtschaftlichen Verwerfungen, verursacht durch Corona und den Austritt aus dem Binnenmarkt, einfacher der EU zuschieben.

Stau am Hafen von Dover, bald ein alltägliches Bild.