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Bis der Turm von Zürich fällt

Andi Krebs (links), auch Turm von Zürich genannt, verliert im Duell mit seinem Gegner aus Baden die Balance und plumpst ins Wasser.
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Andi Krebs ist ein Brocken von einem Mann. Der Turm von Zürich, wie sie ihn im Limmatclub spasseshalber nennen, hat schon viele Schifferstechen gewonnen. Auch bei den Vorläufen am Morgen sind er und seine zwei Teamkollegen erfolgreich.

Im Viertelfinal treten sie gegen den Limmatclub Baden an.Krebs setzt seinen Dreispitz auf, schnappt sich die fünf Meter lange Lanze und sitzt am Heck des Bootes aufs Podest. Zwei Ruderer stacheln den Weidling flussaufwärts, drehen vor der Rathausbrücke bei und steuern mit kräftigen Stössen das gegnerische Boot an.

Obwohl es schaukelt, stellt sich Krebs nun kerzengerade aufs Podest und hält die Lanze im Anschlag. Die Bambusstange, eigentlich recht leicht, ist wegen der Hebelwirkung nur schwer zu kontrollieren. Der gepolsterte Teller an der Stangenspitze muss die Brust des Gegners im ersten Anlauf treffen, sonst ist das Duell so gut wie verloren.

Trommelwirbel, Böller

Vom Clubhaus an der Schipfe feuern die Zuschauer ihren Lokalmatador an. Krebs streckt das Hinterbein und zeigt dem Gegner seine breite Brust. Trommelwirbel ertönt. Ein Böller knallt. Krebs trifft mit der Lanze mitten auf den Oberkörper seines Kontrahenten. Doch auch der zielt genau und bleibt stehen – bis der Turm von Zürich die Balance verliert und ins Wasser plumpst. Die Menge johlt. Und der Sieger aus Baden schwingt vor Freude die Lanze über seinem Kopf.

Weil ein weiterer Wettkämpfer aus dem Zürcher Trio verliert, scheidet der Heimclub aus. Noch nass und etwas geknickt vom Ausscheiden erklärt Krebs, worauf es beim Schifferstechen ankommt: «Das Wichtigste ist, mit der langen Stange in der Hand stabil zu bleiben, dem Gegner die Brust zu bieten und im richtigen Moment zuzustossen.»

Viel Tradition

Während heute die meisten Begegnungen unfallfrei bleiben, endeten sie früher nicht selten blutig. Im Mittelalter gingen die Schifferstecher - oder Fischerstecher, wie sie ebenfalls heissen - auch mit spitzen Lanzen aufeinander los. Zum Schutz diente lediglich ein Schild. Im französischen Sète werden noch heute stahlbespitzte Lanzen eingesetzt, wobei die Stecher erst nach jahrelangem Training einen Erstkampf austragen dürfen.

Die Limmatclübler aus Zürich dagegen üben das Schifferstechen selten. Im Verein, der 1200 Mitglieder zählt aber nur etwa 40 aktive Schifferstecher, wird in den zwei Mal wöchentlichen Trainings vor allem gerudert.

Beim Wettstreit auf der Limmat wird nach den Regeln der Sauciété Nautique 1887 Strasbourg gekämpft. Mit den Elsässern verbindet der Limmatclub Zürich eine mehr als 100-jährige Freundschaft. Doch auch mit den anderen Vereinen, die in diesem Jahr nicht nur aus Baden, Basel, Birsfelden, Bern oder Muttenz anreisten, sondern auch aus Strassburg (F), Lobes (B) und Neuburg an der Donau (D), pflegt man gute Beziehungen. So ging es denn beim fünften internationalen Aufeinandertreffen vor allem um Geselligkeit und Freundschaftspflege.

Im sportlichen Teil setzte sich übrigens die Fischergassler-Zunft aus Neuburg an der Donau durch. Sie besiegte in einem packenden Final die Gastmannschaft aus Basel.