Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen
Meinung

Fragwürdiger Transfer
Der FCZ holt sich mit Benjamin Mendy ein gewaltiges Problem ins Haus

Benjamin Mendy vom FC Zürich trägt eine blaue Trainingsjacke und eine Mütze mit der Nummer 3. Im Hintergrund ist das FCZ-Logo zu sehen.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Ein Weltmeister für den FC Zürich. Einer, der viermal die Premier League gewann. Einer, der einst 60 Millionen Franken kostete, als er von Monaco zu Manchester City wechselte – und der ja noch gar nicht so alt ist. 

Vergleicht man die Fakten und Zahlen des Transfers von Benjamin Mendy in die Super League mit anderen, dann könnte man dem FCZ einen Coup zuschreiben. So etwas gab es in der Schweiz zuletzt 2012, als Gennaro Gattuso, Weltmeister, zweifacher italienischer Meister und Champions-League-Sieger, von Milan zu Sion wechselte. Aber Gattuso war da 34 und dem Ende seiner Karriere nah.

Benjamin Mendy ist erst 30, im für ihn besten Fall hat er noch ein paar Fussballerjahre vor sich. Aber er hat eine ganz andere Geschichte als Gattuso. Er wurde in England einst wegen achtfacher Vergewaltigung angeklagt und darum von Manchester City suspendiert. Später wurde er freigesprochen, der Verein musste ihm ein Millionengehalt nachzahlen. 

Für den FCZ ist die Sache damit erledigt. Präsident Ancillo Canepa steht hinter seinem Sportchef Milos Malenovic und sagt: «Bekannte Fussballer sind oft begehrte Objekte, um sie auch ohne ein Fehlverhalten einzuklagen.» Und damit wieder zurück zum Sport?

Die Frauenzentrale schaltet sich ein

So macht es sich die FCZ-Führung zu einfach. Eine Gegenstimme kommt am Mittwoch von der Zürcher Frauenzentrale, die diesen Transfer verurteilt. Sie schreibt: «Fussballclubs haben eine gesellschaftliche Verantwortung. Mit der Verpflichtung leistet der FCZ einen Beitrag zur ‹Rape Culture›. Es sendet die Botschaft: Solange du gut spielst, ist dein Verhalten Frauen gegenüber egal.»

«Rape Culture», wörtlich übersetzt «Vergewaltigungskultur», heisst, dass sexualisierte Gewalt in einer Gesellschaft toleriert oder verharmlost wird. Die Frauenzentrale und der FCZ, in Person von Ancillo und Heliane Canepa, sassen am Donnerstag zusammen und tauschten sich aus. Man habe sich ausgesprochen, schreibt der FCZ in einer Stellungnahme, die Frauenzentrale habe das soziale Engagement des Vereins über den Fussball hinaus anerkannt und gewürdigt. Die Frauenzentrale bestätigt diesen Teil der Mitteilung, schreibt aber auch: «Im Fall Mendy bleiben wir unterschiedlicher Meinung.»

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Und da liegt das Problem. Der FCZ stützt sich auf den Freispruch, das ist sein gutes Recht. Aber der Faktor der gesellschaftlichen Verantwortung, die die Frauenzentrale anspricht, ist wichtig. Und Mendys Aussagen vor Gericht lassen tief blicken.  

Auf die Frage, ob er in der gleichen Nacht mit mehreren Frauen Sex hatte, antwortete er: «Für mich war das normal.» Und wenn sie zuvor Sex mit seinen Freunden an derselben Party hatten? «Das war Teil davon.» Um Verhütung kümmerte er sich nicht. Ein Gericht befand: «Die sexuelle Eroberung junger Frauen ist zu einem Spiel geworden.»

Steiler Aufstieg, tiefer Fall

Mendy hat sich nach seinem Prozess selbstkritisch gezeigt. Er habe Frauen nicht gut behandelt, erklärte er. Das hat auch mit dem Umfeld zu tun, in dem er sich bewegt.

Ein neuer Dokumentarfilm des «Tages-Anzeigers» zeigt, wie ein Zürcher Influencer namens «Travis the Creator» Frauen sexuell ausnutzt. Travis hat auch mit Mendy gefeiert, wie Zeugen und Posts auf den sozialen Medien zeigen. Mendy nennt Travis vor der Kamera «Brother», Bruder. Travis ist inzwischen ein vorbestrafter Sexualstraftäter und muss wegen mehrfacher Vergewaltigungsvorwürfe im März in Zürich vor Gericht. 

Von den Feiern mit Travis gibt es keinerlei Vorwürfe gegen Mendy. Klar ist aber: Er nutzte seine Position, die des jungen und reichen Profisportlers, aus, um mit so vielen Frauen wie möglich Sex zu haben. 

Und darum holt sich der FCZ mit dieser Verpflichtung ein gewaltiges Problem ins Haus, ob verurteilt oder nicht.

Hier muss noch einmal betont werden, wie gross der Fussballer Mendy einst war. Nur schon ein Teil von Frankreichs Weltmeister-Auswahl von 2018 zu sein, ist eine sportliche Höchstleistung. Mendy war in Sphären, in die nur wenige Fussballer kommen. 

Entsprechend tief war sein Fall, er wurde zuletzt beim französischen Zweitligaclub Lorient entlassen. Es ist anzunehmen, dass ihm nicht gerade jede beliebige Tür offen stand auf der Suche nach einem neuen Club. Gross ist darum auch das Echo auf diesen Wechsel, er dürfte international Wellen schlagen und den FCZ nicht ins beste Licht rücken. 

Eine ganz andere Frage ist, ob dieser Mendy dem FCZ auf sportlicher Ebene wirklich helfen kann. Seinen letzten Einsatz für Lorient bestritt er im Mai 2024. Für City spielte er wegen der Suspendierung zwischen Juli 2021 und Juli 2023 genau einmal in der Premier League. Ein Einsatz beim FC Sion am Samstag kommt für ihn zu früh. 

Der FCZ muss sich Fragen stellen

Viel mehr zu denken geben müssen dem FCZ aber die Nebenschauplätze in Mendys Karriere. Wie reagieren Sponsoren auf diese Verpflichtung? Was bedeutet sie für all die Mädchen und Frauen, die für den FCZ spielen oder im Club arbeiten? Was für eine Botschaft sendet der Verein an die männlichen Junioren? Was ist die Position der treuen Südkurve? Was sagt der Rest des zahlenden Publikums?

Und vor allem: Warum ist Mendy es dem Verein wert, all diese Risiken überhaupt einzugehen? Zumal auch der Franzose nicht gratis arbeitet. 

Ein Teil eines Leserkommentars unter einem Beitrag dieser Redaktion lautet: «Wir gehen mit unseren Kids ins Letzi, um Vorbilder zu sehen.» Auch das ist Teil des Fussballs. Sagt man seinem Kind nun, dass der Spieler mit der Nummer 3 eine besondere Geschichte hat? Und wenn ja: Wie?

Mit Mendy wollte der FC Zürich einen richtig grossen Transfer tätigen, er wollte nicht bloss sein Kader verstärken, er wollte zeigen, dass er grosse Namen anlockt. Dass er eine Marke ist. Er wollte wieder einmal einen Spieler in der Super League, der es richtig weit brachte. Wie einst Karl-Heinz Rummenigge, Uli Stielike, Nestor Clausen, Christian Karembeu, Gennaro Gattuso, Gaël Clichy oder auch Mario Balotelli. 

Aber egal, wohin Mendy sich sportlich entwickelt, ob er einer wird wie Rummenigge oder eher einer wie Balotelli: Seine Verpflichtung ist eine, mit der die FCZ-Führung ein starkes Signal nach aussen setzt. Mit der er zeigt, was ihm wichtig ist. Und von der er besser die Finger gelassen hätte.

«Don’t be shy»: Unser Dokfilm zeigt, wie ein Zürcher Party-Influencer Frauen sexuell ausnutzt

Betroffene schildern ein Missbrauchssystem an Schweizer Modeshootings und Partys. Jahrelang wähnt sich «Travis» unbeobachtet – dann konfrontieren wir ihn. Den ganzen Film sehen Sie hier.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Brauchen Sie professionelle Hilfe? Melden Sie sich bei Ihrer kantonalen Opferhilfestelle. Eine Übersicht finden Sie hier.

Haben Sie eine Anmerkung, einen Tipp oder eine wichtige Information für uns? Bitte schreiben Sie uns unter recherchedesk@tamedia.ch oder auf WhatsApp, SMS oder Signal auf +41 77 487 09 39.

Es gibt auch Wege, uns sicher und anonym zu kontaktieren. Hier zeigen wir Ihnen, wie.