Parlamentsfehde unter KollegenBauernpräsident gegen Gemüsebauern
Die Gemüseproduzenten wollten vom Parlament schärfere Einfuhrbestimmungen für die ausländische Konkurrenz. Ausgerechnet der oberste Bauer Markus Ritter stellte sich quer.

Der Bauernblock im Parlament ist mit knapp 30 Vertretern und Vertreterinnen von links bis rechts eine Macht. Stimmt er gemeinsam und ziehen seine mächtigsten Vertreter weitere Mitglieder ihrer Fraktionen auf ihre Seite, bringt er seine Anliegen für gewöhnlich durch. Hervorzuheben ist Markus Ritter (SG), oberster Bauer und einer der Häuptlinge der Mitte-Fraktion im Nationalrat.
Allerdings hat am Donnerstag genau dieser Markus Ritter dazu beigetragen, dass eine Bauernvorlage nicht wie von den Urhebern gewünscht ins Ziel gekommen ist: Er stimmte dagegen und mit ihm der grosse Teil seiner Fraktion.
Inhaltlich ging es um eine Verschärfung des Grenzschutzes für verschiedene Gemüsearten. Cherry-Tomaten zum Beispiel sollten statt nur von Anfang Mai bis Mitte Juni und von Ende September bis Mitte Oktober neu von Mai bis Oktober durchgehend dem Grenzschutz unterliegen.
«Ich vermute, dass der Hintergrund für Ritters Entscheid die alte Fehde zwischen seinem Verband und den Gemüsebauern ist.»
Während dieser Periode unterliegt ausländische Ware hohen Zöllen, die einen Import für die Händler unattraktiv machen. So können die inländischen Produzenten ihre Ware, die ansonsten preislich weniger konkurrenzfähig wäre, absetzen. Der Handel – unter ihnen die Grossverteiler – stand der Ausweitung des Grenzschutzes kritisch gegenüber.
Hinter der Vorlage steht der Berner SVP-Ständerat Werner Salzmann, der Präsident des Gemüsebauernverbands. Der Ständerat hat seine Motion im Dezember noch einstimmig angenommen.

«Ich vermute, dass der Hintergrund für Ritters Entscheid die alte Fehde zwischen seinem Verband und den Gemüsebauern ist», sagt Marcel Dettling, Schwyzer SVP-Nationalrat und selbst Landwirt. Der Verband Schweizer Gemüseproduzenten war 2018 aus dem Schweizer Bauernverband ausgetreten. Die Mitglieder wollten eine drastische Erhöhung der Beiträge nicht tragen.
Seither komme es regelmässig zu Unstimmigkeiten, sagt Dettling. «Jetzt hat Ritter wieder einmal seine Muskeln spielen lassen. Wenn er zugestimmt und seine Macht in der Fraktion eingesetzt hätte, hätte unsere Version eine Chance gehabt.» Die Abstimmung ging für die Gemüsebauern mit 111 zu 69 Stimmen deutlich verloren.
Die Originalversion der Vorlage wäre teuer geworden
Angesprochen auf Dettlings wenig schmeichelhaften Erklärungsversuch, lacht Ritter kurz und sagt dann, sein Entscheid sei rein inhaltlich gewesen. «Die Gemüsebauern liegen sich seit Jahren mit dem Handel über die Zollvorschriften in den Haaren und kommen bei deren Weiterentwicklung auf keinen gemeinsamen Nenner», sagt er. «Jetzt wollten sie diese im Alleingang mit dem Bund neu aushandeln. Aber das wäre nicht zielführend gewesen.»
Bei einer Annahme der Motion hätte der Bundesrat später ein allfälliges Verhandlungsergebnis in die Vernehmlassung schicken müssen. «Spätestens dort wären die Händler auf die Barrikaden gegangen und auch die Konsumenten», sagt Ritter. Mehr Zollschutz für das teurere Schweizer Gemüse hätte nämlich Konsequenzen für deren Portemonnaies.
Allerdings ist die Vorlage damit nicht verworfen. Bei der fraglichen Abstimmung ging es nämlich um die Wahl zwischen Salzmanns ursprünglicher Version und einem Vorschlag der zuständigen Nationalratskommission. Diese fordert, dass Händler und die Gemüsebauern gemeinsam unter Aufsicht des Bundes Vorschläge ausarbeiten. Da sie obsiegte, geht das Geschäft nun zurück an den Ständerat.
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