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Meinung

Ausbügeln, was der Kanton verschläft

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Fahrende, die auf Grundstücken von Bauern halt machen, sorgen immer wieder für rote Köpfe. Derzeit logiert eine Gruppe ausländischer Fahrender in Wagen. Obwohl der sogenannte Spontanhalt per Mietvertrag mit dem Bauern limitiert ist und klare Rahmenbedingungen vorgibt, überwacht die Polizei den Aufenthalt der Gruppe. Der Grund: Die Anwohner tun sich schwer mit der Gegenwart dieser Menschen, die so anders leben als die meisten von uns. Das Fremde irritiert.

Vor der eigenen Haustür möchte denn auch kaum jemand einen Durchgangsplatz für Fahrende sehen. Diese Tatsache bekommt der Kanton St. Gallen seit zwölf Jahren zu spüren. So lange versucht der Ostschweizer Kanton bereits, den Fahrenden Durchgangsplätze zur Ver­fügung zu stellen. Sechs Areale muss St. Gallen dem Bund zur Verfügung stellen­. Oder sollte man eher sagen ­«müsste»?­ Die Suche nach geeigneten Arealen, die sowohl von der politischen Gemeinde als auch von der Anwohnerschaft toleriert werden, dauert nun bereits so lange, dass Politik und Bevöl­kerung sich schon fast an einen Kanton ohne Halteplätze gewöhnt haben.

«Wir sind dran», heisst es mantraartig beim Amt für Raumentwicklung und Geoinformation (Areg). In Tat und Wahrheit aber dreht sich das St. Galler Amt im Kreis. Man bekommt gar den Eindruck, dass die Zuständigen mit ihrer Aufgabe überfordert sind. Alle bisher skizzierten Ideen sind gescheitert; weder Sport-, noch Parkplätze oder Chilbiareale konnten bisher in Durchgangsplätze umgewandelt werden. Auch die Gespräche mit mehreren nicht genannt werden wollenden Gemeinden am Obersee haben bis dato keine Resultate gebracht. Und als das Areg im letzten August dem Bund eine Anfrage bezüglich ungenutzter Militärareale schickte, wirkte auch noch Murphys Gesetz. Das Resultat: Das Bundesamt für Rüstung (Armasuisse) fasste den Brief aus St. Gallen falsch auf. Während St. Gallen die drei Areale lediglich mieten möchte, meinten die Zustän­digen bei Ar­ma­suisse, der Kanton wolle die Übungs­gelände kaufen. Ob inzwischen ein Ge­spräch­ zwischen den beiden Ämtern­ Licht ins Dunkel der Angelegenheit brin­gen konnte, war bis Redak­tions­schluss nicht eruierbar, da die Zustän­digen in den Ferien weilen.

Ausgerechnet der kleine Nachbar Glarus könnte St. Gallen halbwegs aus der Patsche helfen, zumindest, was die öffent­liche Wahrnehmung angeht. Der Bergkanton erwägt nämlich, entlang der A 3 einen Durchgangsplatz einzurichten.Bis 2020 möchte Glarus gemeinsam mit den Nachbarn St. Gallen und Schwyz mögliche Standorte für einen Halteplatz in der Linthebene eruieren. Die Idee kommt nicht von ungefähr: In einer jüngeren Evaluation fordert der Bund ausdrück­lich einen Durchgangsplatz in der Nähe der Hauptroute der Fahrenden. Da jedoch auch der Kanton Glarus derzeit keine Durchgangsplätze stellen kann, würde die Realisation eines solchen Areals die Nöte von St. Gallen höchstens marginal mindern.

Immerhin: Für drei der sechs Durch­gangs­plätze soll es Licht am Horizont geben. Im Sarganserland, im Rheintal und im Fürstenland gäbe es Möglichkeiten für Halteplätze, heisst es beim Areg. Näheres ist jedoch nicht zu erfahren, denn die diffizilen Verhandlungen mit den Gemeinden laufen noch. Selbst wenn diese Plätze realisiert werden können, ist St. Gallen noch lange nicht am Ziel. Es braucht in allen Kantonsteilen Durchgangs­plätze, auch im Linthgebiet, wo in diesen Tagen einmal mehr ein Bauer mit Privatland in die Bresche gesprungen ist.

Das Mindeste ist, dass der Kanton bei seiner Suche nach geeigneten Arealen endlich einen Gang höher schaltet. Dass er konkrete Rahmenbedingungen vorgibt, die für Durchgangsplätze und die anwesenden Fahrenden im Kanton gelten sollen. Rahmenbedingungen, welche die ange­fragten Gemeinden beruhigen könnten hinsichtlich eines Engagements für diese Bevölkerungsgruppe. Das schuldet der Kanton sowohl den Roma, Sinti und Jenischen als auch den Bauern und anderen Privatpersonen, die sich der Umherziehenden erbarmen und dafür Aufruhr und unliebsame Medienpräsenz in Kauf nehmen.