Was läuft falsch bei den Pensionskassen? Der Schweizer Tiktok-Star Flavien Gousset hat eine Antwort: Banken und Versicherungen kassieren «brutal, aber ganz brutal viel Geld». Dabei gehöre das eigentlich, sagt Gousset in seinem Video, «deinen Grosseltern, deinen Eltern oder irgendwann dir selbst».
Gousset (25) steht auf der Lohnliste der SP-Schweiz, Fachgebiet Kampagnen. Und hat – für Schweizer Verhältnisse – enorm viel Einfluss in den sozialen Medien. Sein Video zur jüngsten AHV-Abstimmung wurde auf Tiktok und Instagram gegen eine Million Mal angeklickt. Für das von der SP und ihm angestrebte Nein reichte es dann nur ganz knapp nicht.
Wenn der SP-Campaigner nicht als Solist auftreten kann, kneift er.
Nur: Wenn Gousset abseits seines natürlichen virtuellen Lebensraums nicht als Solist auftreten kann, sondern sich dem Widerspruch stellen soll, kneift er.
Der Zürcher FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt ist mit 28 fast so jung wie Gousset und bewegt sich ebenfalls politisch auf den sozialen Medien. Er reagierte mit einem eigenen Video und eigenen Argumenten auf Gousset.
Wir baten Gousset und Silberschmidt zur Debatte. So hätten die beiden ihre Argumente eins zu eins austauschen können – statt unwidersprochen auf Social Media ihre Sicht der Dinge zu verkünden.
Silberschmidt sagte sofort zu. Gousset winkte sofort ab.
Begründung: Er habe gerade nicht genügend Zeit. Die aber benötige er, um sich so vorzubereiten, dass es ihm «angenehm wäre», mit Silberschmidt «die Klingen zu kreuzen». Denn Silberschmidt habe als Mitglied der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit eben einen Wissensvorsprung.
Dazu etwas Hintergrund: Der Schlagabtausch zwischen dem SP-Influencer und dem freisinnigen Nationalrat dreht sich um das kürzlich erschienene Buch «Das Rentendebakel». Darin vertreten die Journalisten Danny Schlumpf und Mario Notaris im Wesentlichen eine zentrale These: Zu viel Pensionskassenprämien versickern bei Banken und Versicherungen. Zu wenig fliesst an die Pensionierten zurück.
Für die SP ist die Kritik am Rentensystem ein Glücksfall.
Für die SP ist das Buch ein Glücksfall. Die beiden Autoren unterfüttern auf 224 Seiten die Kritik der Partei an der zweiten Säule der Altersversorgung. Die SP tut alles, um die Botschaft der beiden Journalisten unter die Leute zu bringen.

Das Führungsduo Mattea Meyer und Cédric Wermuth empfing Co-Autor Schlumpf zum Podcast. Zum Zug kam aber auch die SP-Geheimwaffe: Flavien Gousset und seine phänomenale Reichweite bei den Jungen auf Social Media.
Dumm nur, dass sich Gousset zwar als Lautsprecher betätigen darf, aber sich keiner Auseinandersetzung auf Augenhöhe stellen will. Man könnte auch sagen: Die SP hat auf Tiktok eine grosse Klappe, aber keine Lust auf Debatte.
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Glosse zum Politmarketing der SP – Auf Tiktok eine grosse Klappe,
aber keine Lust auf Debatte
Ein Influencer der SP bewirtschaftet in den sozialen Medien ein angebliches Rentendebakel. Aber der Diskussion mit einem Kritiker mag er sich nicht stellen.