Auch der zweite Schweizer hat sich in Genf radikalisiert
In Marokko wurde ein weiterer Schweizer Konvertit unter Terrorverdacht verhaftet. Die Spur scheint erneut in die gleiche Genfer Moschee zu führen.
In einem Vorort der marokkanischen Hauptstadt Rabat haben Sicherheitskräfte einen zweiten Schweizer verhaftet. Die Festnahme erfolgte im Rahmen einer Grossfahndung nach Mitgliedern der mutmasslichen IS-Zelle, die hinter dem brutalen Mord an zwei skandinavischen Touristinnen von Mitte Dezember im Atlasgebirge stehen soll. Den Schweizern wird bisher keine Mittäterschaft an der Bluttat vorgeworfen, sondern «nur» Verbindungen zu IS-Terroristen. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Beide Verhafteten sind Doppelbürger, Konvertiten und in der Region Genf aufgewachsen. Beide sollen sich ausserdem in der von Saudi Arabien finanzierten Grossen Moschee von Genf radikalisiert haben, ein Gotteshaus, in dem neben unzähligen harmlosen Muslimen auch eine ganze Reihe späterer Syrien-Reisenden verkehrte.
«Prophetische Medizin»
Der am Donnerstag festgenommene Schweizer ist Sohn eines Genfers Unternehmers und einer britischen Staatsbürgerin. Laut seinem Facebook-Profil hat N.P.* die internationale Schule in Genf besucht und später eine Shiatsu-Ausbildung in der Bretagne durchlaufen. Ausserdem eröffnete der Konvertit in Genf ein Studio für «prophetische Medizin», wobei es vor allem um die altmuslimische Heilmethode des Schröpfens ging. Als Adresse dieses «Studios», das eine eigene Webseite hatte, gab N.P. einen Parkplatz am Ende der Landepiste des Flughafens Genf-Cointrin an.
Wann und unter welchen Umständen N.P., der sich auch Abdelkarim P. nannte, nach Marokko reiste und sich dort offenbar zumindest zeitweise niederliess, ist noch unklar. Auch über sein Verhältnis zum schon früher verhafteten schweizerisch-spanischen Doppelbürger K.Z., der etwa sieben Jahre jünger als N.P. ist, gibt es noch keine genaueren Informationen. K.Z. fiel in Genf als Kleinkrimineller und Kiffer auf und hatte offenbar psychische Probleme, wegen derer er eine IV-Rente erhalten haben soll.
Anders als K.Z. war Abdelkarim P. auf den verschiedensten sozialen Medien aktiv und hat eine Menge digitaler Spuren hinterlassen, zum Beispiel ein Bild mit einer gelenkten Bombe, einer Blutlache und einer Überschrift, in der es sinngemäss heisst, dass die wahren Salafisten den westlichen Terrorismus verurteilten. Ausserdem finden sich dort Fotos von schwarzen Jihad-Flaggen mit dem muslimischen Glaubensbekenntnis in weisser Schrift.
Immer wieder die Moschee von Petit-Saconnex
Dass ein weiterer Konvertit aus dem Umfeld der Grossen Moschee im Genfer Quartier Petit-Saconnex möglicherweise zu einer marokkanischen IS-Zelle gehörte, lässt aufhorchen. Allerdings hat es immer wieder Warnungen vor bestimmten Personen in diesem Gotteshaus gegeben, besonders vor zwei inzwischen entlassenen Imamen und einem Sicherheitsmann.
So hatte der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) mehrere dieser Leute auf seinem Radarschirm. Eine Gruppe um einen Genfer Taxichauffeur hat sich im Dunstkreis der Grossen Moschee radikalisiert. Mehrere Gruppenmitglieder schlossen sich später dem IS an oder wurden auf der Reise nach Syrien festgenommen. Die Ereignisse in Genf erinnern an ähnliche Entwicklungen im Umfeld der inzwischen geschlossenen An'Nur-Moschee in Winterthur, der Ar'Rahman-Moschee in Biel und weiterer Gotteshäuser in Lausanne oder Lugano. Sie zeigen ausserdem, dass sich mutmassliche Terroristen aus der Schweiz zwar hier organisiert und radikalisiert hatten, sie ihre terroristischen Aktivitäten dann aber in der arabischen Welt entfalteten.
* Name der Redaktion bekannt.
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