Höchster Schweizer 3-Stern-HotelierDer Lötschentaler mit Weitblick
Lukas Kalbermatten ist der neue Chef der Vereinigung Best 3 Star Hotels of Switzerland. Der Lötschentaler hat stets das grosse Ganze im Blick.

in seinem Hotel Edelweiss Blatten im Lötschental. Seit Januar präsidiert er die Best 3 Star Hotels of Switzerland, eine Vereinigung von 30 Hotels der gehobenen Mittelklasse.
Montags um 17 Uhr wartet Lukas Kalbermatten vor seinem Hotel in Blatten VS auf Interessierte. «Manchmal erscheinen zwei, manchmal dreissig », sagt der Edelweiss-Chef. «Und wenn sich niemand für meine Dorfführung begeistern mag, gehe ich wieder ins Büro.»
Kalbermatten geizt auf dem Rundgang durchs Heimatdorf auf 1540 Meter über Meer nicht mit Anekdoten. «Keine Führung ist wie die andere, es ergeben sich spannende Gespräche mit den Teilnehmenden», sagt der 51-jährige Hotelier.
Natürlich kann man ihn auch individuell buchen. «Im Oktober 2019 war ich auf 21 Rundgängen unterwegs, das war viel», erinnert sich Kalbermatten. Er ist weder studierter Historiker noch Dorfchronist oder professioneller Guide, sondern Hotelier und Lötschentaler mit Leib und Seele. Was auffällt: Er denkt über den eigenen Tellerrand hinaus und hat das grosse Ganze im Blick. «Es ist wichtig, dass wir die Leute ins Tal holen. Davon profitieren alle, auch die Hotels.»

Kalbermatten war Chef der regionalen Tourismusorganisation, Gemeindepräsident in Blatten und Vorsteher der Talschaft. Seit Januar präsidiert er die Best 3 Star Hotels of Switzerland, eine Vereinigung von dreissig Hotels der gehobenen Mittelklasse.
Plötzlich war er Präsident
Kalbermatten kam zum neuen Amt wie die Jungfrau zum Kind: An der Generalversammlung im vergangenen November wurden die Differenzen zwischen Geschäftsstelle, Vorstand der Vereinigung und Mitgliedern unüberbrückbar. Der pragmatische Bergler plädierte im Plenum für einen harten Schnitt – für einen neuen Vorstand und eine neue Geschäftsstelle. So schob er sich aus Zufall in die Poleposition als Präsident. Im Januar wählten die Mitglieder Kalbermatten, den neuen Vorstand und eine neue Geschäftsstelle per Mail.
Grundsätzlich will der Walliser, dessen Dialekt den sprachlichen Einfluss der «Üsserschwiizer» Mutter verrät, den Bekanntheitsgrad der Vereinigung und der Hotels auf dem nationalen Markt fördern, die Mitglieder zu Innovationen motivieren und das Netzwerk ausbauen.
Kalbermattens Einsatz ist keinesfalls ein Plädoyer für Mittelmässigkeit – im Gegenteil: Die Kategorie der Hotels mit drei Sternen ist die umfangreichste im Land. Es lohnt sich für die Betreiber, oft auch Eigentümer, Alleinstellungsmerkmale zu erarbeiten, die über das Pflichtprogramm hinausgehen. Klassifizierte 3-Stern-Hotels müssen etwa eine während 14 Stunden pro Tag besetzte Réception anbieten, einen Föhn im Bad und eine Kofferablage im Zimmer.
«Es gibt in der Schweiz bestimmt noch zahlreiche hervorragende Hotels in unserem Segment, die nicht zur Vereinigung gehören», räumt Lukas Kalbermatten ein.
«Was viele unserer Mitglieder aber auszeichnet: Sie sind in ihren Regionen Leuchttürme.» Wie etwa das Kemmeribodenbad an der Grenze zwischen Emmental und Entlebuch oder das Edelweiss im Lötschental.
Kalbermatten hatte das Hotel 1997 von seinem Vater übernommen, inklusive der Schulden, die ein grosser Um- und Neubau zuvor eingetragen hatte.
Zusammen mit seiner Frau Charlotte formte er das Haus zu einem Schmuckstück mit 23 schönen und gemütlichen Zimmern und hervorragender Gastronomie mit betont regionaler Küche. Die Belegung liegt bei 80 Prozent, Corona hat dem Geschäft bestimmt nicht geschadet.


Die beiden Chalets sind in den Hang gebaut, ein Wildbach tost vor der Sonnenterrasse vorbei und fliesst in die Lonza – im Sommer ein rauschendes Spektakel.
Ein Seminarraum und eine kleine Wohlfühloase ergänzen die Infrastruktur. «Treten meine Gäste aus dem Haus, müssen sie höchstens aufpassen, nicht vom Heulader überfahren zu werden», schmunzelt Kalbermatten. Denn das Lötschental bleibt eines der unverfälschten Bergtäler in der Schweiz. «Erst als 1974 die Seilbahn auf die Lauchernalp gebaut wurde, setzte eine touristische Entwicklung ein», erzählt Kalbermatten.
Loipen und Bikerouten auch für Einheimische
Die Einwohner zwischen Goppenstein und der Fafleralp sind dezidiert nicht auf den Tourismus angewiesen; viele pendeln zur Arbeit ins Rhonetal oder in den Kanton Bern. So blieb das Hochtal mit den urtümlichen Nadelwäldern, den Felswänden, den markanten Gipfeln und dem schwindenden Weiss des Langgletschers von grossen Bausünden verschont. «Dafür gibt es an den Wanderwegen nicht alle 50 Meter ein Bänkli», hält Kalbermatten fest. «Wir mussten im Tal Überzeugungsarbeit leisten, dass eine touristische Infrastruktur mit guten Loipen im Winter und Wander- und Bikerrouten im Sommer auch der Lebensqualität der Einheimischen dient.»
Kalbermatten selbst hat nie eine Hotelfachschule besucht, er war Spitzensportler und brachte es im Langlauf bis ins nationale B-Kader. «Ich musste irgendwann erkennen: Ganz nach vorn reicht es nicht!»
Er hatte aber stets im elterlichen Betrieb mitgearbeitet, war ein Jahr Kellner in Spiez und absolvierte den obligatorischen Wirtekurs und das Unternehmerseminar der Hotelleriesuisse. «Ich habe das Metier von Grund auf gelernt.»
An der Front fühlt Lukas Kalbermatten den Puls der Gäste, ermuntert, die im Zimmer bereitliegenden Wanderrucksäcke zu benutzen, und gibt Ausflugstipps.
Lukas teilt sich die Führung im Haus mit Charlotte, steht hinter der Réception, arbeitet im Büro und im Service. Er könne auch etwas kochen, putzen und Schnee schaufeln, umschreibt der Unternehmer seine Allrounderqualitäten. An der Front aber fühlt er den Puls der Gäste, ermuntert, die im Zimmer bereitliegenden Wanderrucksäcke zu benutzen, und gibt Ausflugstipps. Und gibt es unerwartete Wünsche, eilt er in den Dorfladen, um etwa die fehlende Sojamilch zu besorgen.
Routiniert lebt Kalbermatten das Mantra der Best-3-Star-Hoteliers: Überrasche den Gast, biete einen Mehrwert!
Dieser manifestiert sich etwa beim Check-out in einem Lötschentaler Goldtaler für jeden Abreisenden. Die Schoggi ist zum Verzehr gedacht, die Aluhülle zehn Franken wert – bei einem Hotelaufenthalt oder Restaurantbesuch in Blatten – in den Hotels Edelweiss, Nest- und Bietschhorn oder Breithorn.
Die kleinen Herbergen, alle vor fünf Jahren gründlich renoviert, bilden den Verbund der «Lötschentaler», nutzen Synergien und führen den Campingplatz auf der Fafleralp.
Selbstverständlich war Kalbermatten ein Treiber des Projekts und hat mal wieder weit über den eigenen Tellerrand hinausgedacht.
Hotel Edelweiss, Blatten VS, DZ Superior mit Frühstück ab 190 Fr., Tel. 027 939 13 63, hoteledelweiss.ch; loetschental.ch; best3starhotels.ch
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