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Aktivisten demonstrieren bei Schweizer Hauptsitz von Vale

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Etwa dreissig Aktivisten haben am Mittwoch vor dem Hauptsitz des Bergbaukonzerns Vale in Saint-Prex VD demonstriert. Der Multi betreibt die Mine im brasilianischen Brumadinho, bei der am Freitag ein Dammbruch über 80 Tote und fast 300 Vermisste gefordert hat.

Die Demonstranten prangerten die «katastrophalen ökologischen und menschlichen Folgen der Profitgier des Unternehmens» an. Sie trugen ein schlammgetränktes Banner mit der ironischen Aufschrift «Thank you for choosing Switzerland» (Danke, dass Sie sich für die Schweiz entschieden haben).

Einige von ihnen trugen Masken der Waadtländer Staatsräte Pascal Broulis (FDP) und Pierre-Yves Maillard (SP) sowie von Bundesrat Ignazio Cassis (FDP). Die Kundgebungsteilnehmer sehen in ihnen die Hauptverantwortlichen für die Politik der Steuerbefreiungspolitik, die multinationale Unternehmen an den Genfersee lockt.

Zur Kundgebung aufgerufen hatten die linke Allianz Ensemble à Gauche sowie die internationalen Gewerkschaften, IndustriALL Global Union und die Bau- und Holzarbeiter Internationale, beide mit Sitz in Genf.

«Keine Lehren gezogen»

Die Gewerkschaften äusserten ihr Bedauern, dass Vale keine Lehren aus der Vergangenheit gezogen habe. Bereits im November 2015 hatte sich in der Region ein ähnlicher Unfall mit 19 Toten ereignet.

«Darüber hinaus hat ein Bericht gezeigt, dass der Damm in Brumadinho gefährlich ist. Vale wusste es, blieb aber untätig», sagte Valter Sanches, der Generalsekretär von IndustriALL Global Union. Die Gewerkschaft fordert eine gründliche Untersuchung der Ursachen der Tragödie.

Eine Delegation der Demonstranten wurde vor dem Vale-Hauptsitz kurz von der Unternehmensleitung empfangen.

Bilder: Dammbruch in Brasilien

Ebenfalls am Mittwoch hat Vale den Familien der Opfer Spendenzahlungen angeboten. Das Unternehmen wolle pro Todesopfer 100'000 Reais (rund 27'000 Franken) zahlen.

Dies sei ein freiwilliges Angebot des Unternehmens und keine Entschädigungszahlung, sagte Konzernsprecher Sergio Leite am Mittwoch laut einem Bericht des Nachrichtenportals G1.

Zwei Mitarbeiter von deutscher Firma verhaftet

Am Dienstag nahm die Polizei in Brasilien zwei Mitarbeiter des Münchner Unternehmens TÜV Süd fest.

«Wir können zum jetzigen Zeitpunkt bestätigen, dass zwei Mitarbeiter von TÜV Süd in Brasilien verhaftet wurden», teilte die Firma am Dienstag der Nachrichtenagentur DPA mit. Wegen der laufenden Ermittlungen könnten keine weiteren Auskünfte gegeben werden. Die Ermittlungen würden vollumfänglich unterstützt. Der TÜV Süd hatte im vergangenen Jahr die Dämme an der Mine geprüft.

Zudem nahm die Polizei drei Mitarbeiter der Betreiberfirma Vale fest, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Der Bergbaukonzern erklärte, das Unternehmen arbeite mit den Behörden zusammen. Die Polizei durchsuchte zudem die Niederlassung von Vale in Nova Lima und Geschäftsräume eines externen Dienstleisters in São Paulo. Welche Staatsangehörigkeit die Festgenommenen haben, blieb offen.

84 Todesopfer bestätigt

Der Damm an der Mine Córrego do Feijão in der Nähe von Brumadinho im Bundesstaat Minas Gerais war am Freitag gebrochen. Eine Schlammlawine rollte über Teile der Anlage und über benachbarte Siedlungen hinweg und schlug eine Schneise der Zerstörung.

Die Zahl der bestätigten Todesopfer stieg bis Dienstag auf 84, wie der Zivilschutz mitteilte. 276 weitere Menschen wurden noch vermisst. 42 Leichen seien inzwischen identifiziert worden. «Leider ist es sehr unwahrscheinlich, noch Überlebende zu finden», sagte ein Feuerwehrsprecher im Fernsehsender Globo News.

In Rio de Janeiro erinnerten Demonstranten mit einer Kunstperformance an die Opfer des Unglücks und erhoben schwere Vorwürfe gegen Vale. Rotbraun beschmierte Menschen legten sich vor das Hauptquartier des Bergbaukonzerns im Stadtteil Botafogo und hinterliessen ihre Handabdrücke an einer Glaswand.

Aktivisten protestieren in Rio de Janeiro gegen den Bergbaukonzern Vale. (28. Januar 2019) Bild: Pilar Olivares/Reuters

Eine schwarz verhüllte Frau trat als Tod auf, weitere Demonstranten enthüllten Plakate und beschrieben die Wände mit Slogans wie «Es war kein Unfall, es war ein Verbrechen», «Mörder» und «Gerechtigkeit für Brumadinho».

Hoffnung auf Überleben schwindet

Am Unglücksort setzten die Einsatzkräfte die Such- und Bergungsarbeiten fort. Neben Feuerwehrleuten und Mitarbeitern des Zivilschutzes beteiligten sich auch rund 130 Soldaten aus Israel an dem Einsatz. Sie bargen weitere Tote aus den Schlammmassen. Die letzten Überlebenden waren am Samstagmorgen gefunden worden.

Der Generaldirektor der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) mahnte angesichts des Unfalls einen besseren Arbeitsschutz im Bergbau an. «Die Tragödie erinnert uns daran, wie wichtig funktionierender Arbeits- und Gesundheitsschutz für Bergleute ist», sagte Guy Ryder.

Vale-Aktienkurs eingebrochen

Vale-Präsident Fábio Schvartsman sprach von einer «fürchterlichen Tragödie». Die Staatsanwaltschaft leitete eine Untersuchung ein, um die Verantwortlichen für das Unglück zu ermitteln.

Das Umweltministerium kündigte eine Strafe in Höhe von umgerechnet 66 Millionen Franken (250 Millionen Reais) gegen den Konzern an. Insgesamt blockierte die brasilianische Justiz Vermögenswerte von Vale in der Gesamthöhe von 2,9 Milliarden Franken, um die Finanzierung der Aufräumarbeiten und Schadensersatzzahlungen abzusichern.

Am ersten Handelstag nach dem Unglück brach der Aktienkurs von Vale am Montag um 24 Prozent ein. Damit büsste der Bergbaukonzern umgerechnet knapp 19 Milliarden Franken an Marktkapitalisierung ein. Das war nach einem Bericht des Nachrichtenportals G1 der schwerste Verlust, den ein Unternehmens an einem einzigen Tag am brasilianischen Aktienmarkt hinnehmen musste.

Bereits 2015 gab es im Bundesstaat Minas Gerais ein ähnliches Unglück. Bei der «Tragödie von Mariana» kam es in einem Eisenerzbergwerk zu einem Dammbruch an einem Rückhaltebecken. Seinerzeit kamen 19 Menschen ums Leben.

Das damalige Betreiberunternehmen Samarco gehörte ebenfalls Vale sowie dem australisch-britischen Konzern BHP. Eine riesige Welle mit Schlamm und schädlichen Stoffen ergoss sich in angrenzende Ortschaften und kontaminierte den Fluss Rio Doce auf rund 650 Kilometern Länge. Bis in den Atlantik floss die braunrote Brühe.

SDA/chk/oli