Airlines haben ein Problem mit Stabhochspringern
Die Leichtathleten zählen zu den Passagieren mit dem sperrigsten Gepäck. Jetzt wollen Fluggesellschaften ihre Stäbe nicht mehr transportieren.

Die Sprinter haben ihre Höschen, Shirts und Spikes, die Mittel- und Langstreckenläufer nicht viel mehr – alles Hand- oder Rucksackgepäck. Wer sich jedoch entschieden hat, Stabhochspringer zu werden, hat sich auch für den aufwendigen Transport von umfangreichem Sportgerät entschieden. Wenn die Schweizer U-23-Europameisterin Angelica Moser wie morgen Abend im Zürcher Hauptbahnhof (ab 17.30) an einem Meeting teilnimmt, hat sie eine 4,60 Meter lange Röhrentasche dabei, in der ihre Stäbe verstaut sind. In der Regel hat sie rund ein Dutzend dabei – unterschiedliche Längen, unterschiedliche Härtegrade.
Als sie vor rund einem Monat an der Team-EM in Polen startete, war das genau so. Doch während sie mit den anderen Schweizer Athleten bequem nach Bydgoszcz flog, fuhr Herbert Czingon, ihr Trainer, mit dem Auto dorthin – mit ihren Stäben. Nicht ganz freiwillig. Denn immer mehr Fluggesellschaften lehnen aus Kostengründen den Transport der sperrigen Stangen ab, die Lufthansa und alle ihr angeschlossenen Airlines haben dies im April entschieden.
Kosten sparen
Die Stäbe der Frauen messen bis zu 4,60 Meter, jene der Männer sogar 5,20 Meter. Czingon sagt: «Der Konkurrenzkampf unter den Fluggesellschaften ist gross, sie wollen Kosten sparen, wo es geht. Und solche Stäbe sind Sperrgut, das man anfassen und im Flugzeug verstauen muss, das liegt personell offenbar nicht mehr drin.» Die Transporteinheiten seien neu Container, die automatisch geladen und verladen werden – mit Fracht bis zu einer Länge von 3,10 Metern. Die Aufgabe von Ski und Speeren ist deshalb kein Problem.
Die Konsequenz für ihn – und viele andere Trainer oder Angehörige der Athleten – ist, dass er in Europa von Veranstaltung zu Veranstaltung mit dem Auto unterwegs ist und Tausende von Kilometern zurücklegt. «Für mich ist die Entwicklung schwer nachvollziehbar», sagt Czingon. Wenn man schon hinter die Kulissen einer Frachtabteilung gesehen habe, «weiss man, dass es immer Gepäckstücke geben wird, die angefasst werden müssen», sagt er.
Die Konsequenz ist, dass die Trainer von Event zu Event Tausende von Kilometern mit dem Auto zurücklegen.
Für die Stabspringerinnen und -springer verlief das Fliegen mit den Stäben auch bisher nicht immer reibungslos. Verspätungen, Umbuchungen und Ausfälle von Flügen führten nicht selten dazu, dass der Athlet zwar am Bestimmungsort ankam, nicht aber seine Sportgeräte. «Das ist dann auch nervig, mit dem Auto erspart man sich diesen Stress», sagt der 67-jährige Deutsche.
Allerdings hat die Entwicklung auch Auswirkungen auf den Wettkampfplan einzelner Athleten. So verzichtete Moser beispielsweise auf ein Springen in Göteborg, weil Czingon die Reise nach Schweden zu weit war. «Ich bin bereit, 1000 bis 1200 Kilometer zu fahren, weiter nicht, auch nach Madrid würde ich nicht mehr fahren», sagt er. Hingegen weiss er von einer Göteborger Trainingsgruppe um Sondre Guttormsen, die Nummer 11 der Welt, die nur noch auf der Strasse unterwegs ist – ausser es handle sich um einen Übersee-Wettkampf. United Airlines akzeptiert das lange Frachtgut noch.
Wenn die Amerikanerin Sandi Morris, mit 4,85 m die Drittbeste des Jahres, morgen in Zürich antritt, hat sie ihre Stäbe nicht von zu Hause mitgebracht, sondern sie aus einem Depot in Europa geholt. Gemäss Czingon, dem ehemaligen Cheftrainer des deutschen Verbandes, besitzt Morris in den USA einen gleichen Satz Material wie hier.
Über Frankfurt an die WM
Die neue Situation verursacht nicht mehr Kosten – im Gegenteil. Die Fracht bei einem nationalen Flug kostete bis anhin 100 bis 300, bei einem in Europa 300 bis 500 und einem interkontinentalen ab 500 Franken. «Eine Katastrophe ist es nicht, wir wissen uns zu helfen», sagt Czingon.
Was die WM in Doha betrifft, kommt allen gelegen, dass Qatar Airways die Stäbe noch transportiert. Allerdings nur ab Frankfurt. Die Fahrt dorthin bleibt ihm also nicht erspart.
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