Kanton Zürich und AbstimmungenAls in einer Gemeinde nur 1,5 Prozent abstimmen gingen
1,5 Prozent betrug die tiefste je gemessene Stimmbeteiligung einer Zürcher Gemeinde. Wir zeigen diesen und andere Rekordwerte im Kanton.

- Für die Abstimmung am 9. Februar zeichnet sich im Kanton Zürich eine tiefe Stimmbeteiligung ab.
- Historisch gesehen gab es aber noch viel niedrigere Beteiligungen, etwa im Jahr 1983.
- 1979 wurde in Dällikon eine Beteiligung von unter 10 Prozent verzeichnet.
- Die höchste Stimmbeteiligung seit Einführung des Frauenstimmrechts erfolgte bei der Vorlage zum EWR-Beitritt 1992.
«Zürcher Wahlmuffel: Tiefe Stimmbeteiligung zeichnet sich ab», titelte diese Redaktion am Dienstag im Hinblick auf die Abstimmung vom 9. Februar. Doch was heisst überhaupt «tiefe Stimmbeteiligung»? Der Rücklauf der Stimmcouverts per Post lag fünf Tage vor der Abstimmung in der Stadt Zürich bei 21,8 Prozent, in Bülach bei 19,7 Prozent. Im Wahl- und Abstimmungsarchiv des Kantons Zürich finden sich noch auffälligere Zahlen – viel tiefere, aber auch höhere.
1983 gingen nur 22 Prozent abstimmen
Drei kantonale Vorlagen standen am 4. Dezember 1983 zur Abstimmung, aber keine nationale. Vielleicht deshalb war die Beteiligung so tief. Vielleicht lag es aber auch an den wenig anmächeligen Titel der Vorlagen: erstens «Wahlgesetz», zweitens «Stellungnahme des Kantons Zürich im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens des Bundes über die Wünschbarkeit der Errichtung eines Lagers für angereichertes Uran in Würenlingen» und drittens «Beschluss des Kantonsrates über die Erhöhung des jährlichen Staatsbeitrages an die Schule für Soziale Arbeit Zürich (von bisher höchstens 2 Mio. auf höchstens 3 Mio.)».
Resultat: Die Stimmbeteiligung lag über den ganzen Kanton gesehen zwischen 21,82 Prozent (Wahlgesetz) und 22,02 Prozent (Staatsbeitrag für Soziale Arbeit). Umstritten war keine der Vorlagen. Das Wahlgesetz wurde mit 82,73 Prozent Ja-Anteil angenommen, die Stellungnahme mit 53,31 Prozent und der jährliche Staatsbeitrag an die Schule mit 60,74 Prozent.
Dällikon unterschreitet 1979 die 10-Prozent-Marke
Am 2. September 1979 lag die Stimmbeteiligung kantonsweit zwar bei etwas mehr als 22 Prozent. Aber in Dällikon interessierten die fünf Vorlagen, die zur Abstimmung standen, praktisch niemanden. Bei zwei davon wurde sogar die 10-Prozent-Marke unterschritten: 9,24 Prozent gaben ihre Stimme zum Bundesgesetz über die Binnenschifffahrt ab. Und zur Vorlage zur Neuordnung des Finanzausgleichs mochten sich sogar nur 9 Prozent der Stimmberechtigten äussern. Zur schwachen Beteiligung trug wohl bei, dass beide Vorlagen unumstritten waren. Sie holten klar über 80 Prozent Ja-Stimmen im Kanton Zürich.
Der historische Tiefpunkt von 1851
Diese Abstimmung liess die Stimmberechtigten im noch jungen Bundesstaat kalt. Die Stimmbeteiligung bei der Vorlage zur Einführung des Schwurgerichts liest sich wie ein vernichtendes Urteil durch das Volk: Nur gerade 15,03 Prozent bequemten sich an die Urne. In Bubikon gingen 2,08 Prozent, in Turbenthal 2,07 Prozent und in Gossau sogar nur 1,5 Prozent. Immerhin waren die Stimmenzähler nicht überlastet, und wahrscheinlich waren sie auch recht zügig fertig mit Auszählen. In Bubikon kamen 8 Stimmen zusammen (alle sagten Ja), in Gossau und Turbenthal je 12 (Resultat: je 10 Ja- und 2 Nein-Stimmen). Umstritten war die Vorlage generell nicht: 81,85 Prozent sagten Ja.
100 Prozent Stimmbeteiligung in 22 Gemeinden im Jahr 1869
Es geht aber auch in die umgekehrte Richtung: Nie gingen im Kanton Zürich mehr Männer (die Frauen durften erst 102 Jahre später) abstimmen als bei der Vorlage zur neuen Kantonsverfassung im April 1869. 90,88 Prozent waren es. In Altikon, Benken, Boppelsen, Bubikon, Dachsen, Dägerlen, Dänikon, Dielsdorf, Egg, Henggart, Lufingen, Mönchaltorf, Regensdorf, Rickenbach, Rifferswil, Schwerzenbach, Uitikon, Unterengstringen, Volketswil, Weisslingen und Wiesendangen erreichte die Stimmbeteiligung die vollen 100 Prozent. Bemerkenswert: Selbst in Opfikon, das gegenwärtig ein Garant ist für schwache Stimmbeteiligung, gingen im April 1869 100 Prozent an die Urne. Die Verfassung wurde mit 61,18 Prozent Ja-Stimmen angenommen.
EWR-Abstimmung 1992 setzt die Messlatte hoch
Zur Abstimmung stand der EWR-Beitritt, und nach einem emotionalen Abstimmungskampf gingen im Kanton Zürich 80,48 Prozent an die Urne. Nie zuvor seit der Einführung des Frauenstimmrechts im Jahr 1971 waren es so viele gewesen. Und seither wurde diese Marke auch nicht mehr geknackt. Schweizweit lag die Beteiligung bei 78,78 Prozent. Der Beitritt wurde mit insgesamt 50,34 Prozent Nein-Stimmen knapp abgelehnt. Im Kanton Zürich gab es in Adlikon die höchste Stimmbeteiligung aller Gemeinden. Dort gaben 95,89 Prozent ihr Votum ab, 75,54 Prozent sagten Nein zum EWR-Beitritt.
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