50-jähriger Deutscher nach Autoattacke von Bottrop in U-Haft
In der Silvesternacht ist ein Mann mit der «klaren Absicht, Ausländer zu töten», mit einem Auto in Passanten gefahren. Acht Menschen wurden verletzt.
Gegen den Urheber der offenbar fremdenfeindlichen Autoattacken im Ruhrgebiet hat ein Richter Haftbefehl wegen mehrfachen Mordversuchs erlassen. Der tatverdächtige 50-jährige Deutsche aus Essen sitzt nun in Untersuchungshaft, wie die Staatsanwaltschaft Essen und die Polizei in Recklinghausen und Münster am Mittwoch mitteilten.
Aus Fremdenhass hat der Mann in der Silvesternacht im Ruhrgebiet mit seinem Auto mehrere Fussgänger angefahren. Dadurch verletzte der 50-Jährige nach Ermittlerangaben insgesamt acht Menschen. Eine Frau trug schwere Verletzungen davon. Der Mann hatte die «klare Absicht, Ausländer zu töten», wie der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) am Dienstag in Bottrop mitteilte. Der Fall müsse «sehr ernst genommen werden», es werde mit Hochdruck ermittelt.
In der ersten Stellungnahme hatten die Essener Staatsanwaltschaft und die Polizeibehörden in Recklinghausen und Münster erklärt, es sei von einem «gezielten Anschlag auszugehen, der möglicherweise in der fremdenfeindlichen Einstellung des Fahrers begründet ist». Ein Deutscher sei bewusst in mehrere Menschengruppen gefahren, die grösstenteils aus Ausländern bestanden hätten, sagte Reul. Das sei durch die Vernehmungen klar geworden. Nach bisherigen Erkenntnissen sei er polizeilich bislang nicht in Erscheinung getreten.
Kein Hinweis auf Kontakte zur rechten Szene
Die Ermittler haben gemäss Reul ausserdem bislang keine Hinweise auf Kontakte des tatverdächtigen Deutschen zur rechtsextremen Szene. Bisher habe die Polizei «keinen Ansatzpunkt gefunden, dass dieser Mann irgendwelche Verbindungen hat oder dass er selber in irgendwelchen rechtsradikalen Kreisen sich bewegt», sagte Reul am Mittwoch im Radiosender WDR 5.
Es scheine eher so zu sein, dass der 50-jährige Essener «aus einer persönlichen Betroffenheit und Unmut heraus dann Hass auf Fremde entwickelt hat», fügte Reul hinzu. Allerdings müssten die weiteren Ermittlungsergebnisse abgewartet werden. Mit Blick auf eine mögliche psychische Erkrankung des Tatverdächtigen sagte Reul, es gebe bislang nur die Erkenntnis, dass der Mann in früheren Zeiten «in Behandlung» gewesen sei.
Diesselbe Absicht in Essen
Laut Staatsanwaltschaft und Polizei hatte der Mann in Bottrop mit seinem Auto eine 46-jährige Frau aus Syrien erfasst, die dabei lebensgefährlich verletzt wurde. Aktuell bestehe nach einer erfolgreichen Notoperation aber keine Lebensgefahr mehr, teilten die Ermittler am Mittwoch mit.
Der 48-jährige Ehemann der Frau und die beiden 16 und 27 Jahre alten Töchter wurden bei der Attacke ebenfalls verletzt. Weiterhin mussten ein vierjähriger Junge und seine 29-jährige Mutter aus Afghanistan sowie ein zehnjähriges Mädchen aus Syrien ärztlich behandelt werden.
Nach der Autoattacke von Bottrop versuchte der Tatverdächtige den Ermittlern zufolge, auch in Essen in eine Gruppe wartender Fussgänger zu fahren. Die Betroffenen konnten aber rechtzeitig ausweichen. Bevor Polizisten den mutmasslichen Täter in Essen festnahmen, erfasste er mit seinem Wagen einen 34-jährigen Essener mit türkischen Wurzeln und verletzte ihn am Fuss.
Es mache «sehr betroffen, dass so etwas passiert ist», sagte Innenminister Reul. Deswegen müsse lückenlos aufgeklärt werden. Reul hob hervor, in Nordrhein-Westfalen gebe es «keinerlei Toleranz» für Gewalttäter, «egal, von welcher Ecke sie kommen». Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) erklärte, an diesem Neujahrstag gelte «der Vorsatz für 2019 klarer denn je: Wir stehen zusammen gegen rechte Gewalt. Den Kampf gegen den Hass auf andere Menschen werden wir mit allen Mitteln des Rechtsstaats engagiert fortsetzen».
Innenministerium kündigt schärfere Gesetze an
Die Bundesregierung hat nach der Attacke sowie den Angriffen auf Passanten in Amberg «jede Art von Gewalt» verurteilt. Beide Taten seien «mit Bestürzung zur Kenntnis genommen» worden, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Martina Fietz am Mittwoch in Berlin. In Deutschland sei kein Platz für Extremismus und Intoleranz, «egal, von welcher Seite er kommt». Die Bundesregierung setze alles daran, diese «kompromisslos» zu bekämpfen.
Am Samstagabend waren in Amberg in der Oberpfalz zwölf Menschen attackiert und verletzt worden, ein 17-Jähriger wurde wegen einer Kopfverletzung stationär ins Krankenhaus aufgenommen. Gegen vier Beschuldigte im Alter von 17 bis 19 Jahren wurde Haftbefehl erlassen; sie stammen aus Afghanistan, Syrien und dem Iran.
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums, Sören Schmidt, sprach von «verabscheuungswürdigen Taten», die nicht toleriert werden könnten. Innenminister Horst Seehofer (CSU) habe bereits erklärt, dass beide Ereignisse «mit aller Entschiedenheit» aufgeklärt werden müssten. Zu den von Seehofer angekündigten Gesetzesverschärfungen im Asylrecht sagte Schmidt, dies sei derzeit in der politischen Abstimmung und werde «innerhalb der nächsten Wochen» in die Ressortabstimmung gehen.
Es werde eine «Reihe konkreter Vorschläge geben», fügte der Ministeriumssprecher hinzu. Es gehe um ein Gesamtpaket mit dem Ziel, dass bei «rechtmässig beendeten Aufenthalten» dies auch tatsächlich umgesetzt werde. Seehofer hatte der «Bild»-Zeitung gesagt: «Wenn Asylbewerber Gewaltdelikte begehen, müssen sie unser Land verlassen. Wenn die vorhandenen Gesetze dafür nicht ausreichen, müssen sie geändert werden.»
afp/sda/mch/fal
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